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Drei Frauen aus Bublitz
Ré Soupault - Eine Bublitzer Künstlerin
Bei Wikipedia kann man lesen:

Geboren am 29. Oktober 1901 als Meta Erna Niemeyer in Bublitz, Pommern; gestorben am 12. März 1996 in Versailles war eine deutschstämmige Künstlerin. Sie war Bauhausschülerin, Modemacherin, Fotografin, Übersetzerin und Essayistin

Bei Wikipedia kann man nicht[1] lesen:

Ihr Vater war der Fleischermeister Friedrich Carl Richard Niemeyer, der 30.07.1886 in Bublitz Bertha Marie Auguste Hensel, geboren am 25.05.1865, Tochter des Fleischermeisters August Hensel, heiratete. Aus der Ehe gingen zwischen 1887 und 1901 mindesten 8 Kinder hervor:

Paul Carl August 22.05.1887
Margaretha Mathilde Bertha23.05.1890
Betty Marie Auguste Helene07.07.1891
Helene Martha Anna 25.11.1893
Carl Wilhelm Otto23.06.1895
Werner Karl August 12.06.1896
Karl Fritz Willy 19.11.1897
Meta Erna Auguste29.10.1901

Aus der Geburtsurkunde des Standesamts erfahren wir auch ihren dritten Vornamen: Auguste.

Erna Niemeyer besuchte von 1912 – 1921 das Lyzeum in Kolberg und studierte von 1921 bis 1925 am Bauhaus in Weimar. Anschließend arbeitete sie in Berlin als Modejournalistin. 1928 ging sie nach Paris, wo sie auch eigene Mode kreierte. 1937 heiratete sie den Verleger und Schriftsteller Philippe Soupault, mit dem sie viele Reportagereisen in Europa und Nordafrika unternahm. Während des Krieges flüchteten sie von Algerien in die USA. Bei Kriegsende trennte sich das Ehepaar. 1948 kehrte sie nach Europa zurück und lebte zunächst in Basel als Übersetzerin. 1950 veröffentlichte sie „Katakomben der Seele“, eine Reportage über Westdeutschlands Vertriebenen- und Flüchtlingsproblem. 1955 kehrte sie nach Paris zurück und lebte wieder mit Philippe Soupault zusammen. Ré Soupault starb am 12. März 1996 in Versailles.

Ist sie in ihrem Leben jemals nach Bublitz zurückgekehrt?
Eine tapfere Bauersfrau

Was Kirchenbücher erzählen, wenn sie in eine abfragbare, digitale Datenbank überführt worden sind! Alle in der folgenden Geschichte vorkommenden Namen - soweit sie aus den Kirchenbüchern Porst und Wurchow stammen - finden Sie unter Abfrage Kirchenbücher!

Als am 28. Januar 1842 Henriette Caroline, eine Tochter des verstorbenen Pächters Wenzel aus Hölkewiese und Witwe des Bauern Christian Koglin in Porst bei Bublitz zum zweiten Mal heiratet, nämlich den „Bauern“ Christian Friedrich Wilhelm Krause, wird ihr Alter im Kirchenbuch mit 42 Jahren[2] angegeben. Das Vormundschaftsgericht hätte ihrer Heirat zugestimmt, heißt es. Für den mit 22 Jahren damals noch nicht volljährigen Bräutigam – geb. am 7. August 1819 – mußte ebenfalls das Gericht in Neustettin seine Zustimmung zur Ehe geben, denn sein Vater, der Pächter und Holzwärter Joachim Krause, und seine Mutter waren schon tot.

Das Aufgebot ist auch im Kirchenbuch von Wurchow verzeichnet, wo wir noch weiteres erfahren, nämlich, daß von der Braut die „Auseinandersetzung der Kinder 1. Ehe vorgezeigt“ wurde und daß ihr Mann am 24. Juni 1840 verstorben sei; im Kirchenbuch Porst, das mit dem Jahr 1840 beginnt, ist sein Tod aber nicht notiert. Daß der junge Ehemann nun gleich als „Bauer“ bezeichnet wurde, obwohl er vermutlich gar nichts mit in die Ehe brachte, wundert uns heute, aber so war seine rechtliche Stellung, denn eine Frau konnte damals zwar Besitz haben, war aber nicht „geschäftsfähig“.

Porst gehörte zum königlichen Domänen-Amt Bublitz. Die Bauern waren „Amtsbauern“ und hatten bessere Rechte als „adlige“ Bauern, denn sie besaßen ihre Höfe schon lange erblich, aber noch nicht eigentümlich. Allerdings hatte das Amt noch ein Mitspracherecht, beispielsweise prüfte es, ob der Erbe zur Führung des Hofes auch fähig sei.

Mehr aber noch muß man über die 20 Jahre ältere Frau staunen, wenn man die Schar ihrer Kinder aus erster Ehe betrachtet:

  1. Wilhelmine Friederike, geb. im Mai 1818, heiratet am 29. Oktober 1841 den Schneider in Goldbeck Karl Ludwig Ferdinand Manzke.
  2. Carl August[3], geb. 31. März 1819 – wie seine Schwester älter als der Stiefvater – heiratet am 2. Oktober 1846 Henriette Henning in Porst.
  3. Christian Wilhelm , geb. im Januar 1821, heiratet am 5. Juli 1850 Dorothea Zemke in Klein Karzenburg und wird dort Büdner.
  4. Anna Sophie, geb. 1822, heiratet vor 1840 den Bauern Johann Gottfried Zaufke in Porst Abbau.
  5. Christine Luise Charlotte, geb. 1823, heiratet am 1845 den Krüger Carl Gottlieb Steuck in Bernsdorf.
  6. Johann Friedrich, geb. 2. Juli 1825, heiratet am 1. Februar 1850 die Kirchen- und Schulvorsteher-Tochter Emilie Justine Schacht aus Sparsee.
  7. Johanne Sophie Leopoldine, geb. 1830, heiratet am 1853 den Bauern Carl Heinrich Neumann aus Wurchow.

Henriette Caroline muß eine kluge Frau gewesen sein, die einen großen Hof versorgte und ihre vielen Kinder gesund aufzog, auf dörfliche Konventionen aber wenig gab. Kaum war das Trauerjahr vergangen, heiratet sie einen Mann, der jünger ist als ihr ältester Sohn, und bekommt von dem auch noch ein Kind. Aber alt wurde sie dabei nicht und im Dorf war sie wohl wenig beliebt; als Patin taucht sie nicht ein einziges Mal auf! Am 5. Dezember 1849 stirbt sie im Alter von nur 51½ Jahren. Dem jungen Witwer hinterläßt sie den gemeinsamen Sohn

    8. Eduard Gustav Albert Krause, geb. 29.03.1843,

dessen Taufpaten alle von Seiten seines Vaters kamen, u.a. dessen Halbschwester Albertine Krause und Schwager Wilhelm Steuk.

Man könnte vermuten, daß die älteren Kinder ihrem jungen Stiefvater nicht gerade freundlich gegenüberstanden; doch dem war nicht so. Schon 1842, kurz nach der Hochzeit, wurde er Pate des ersten Kindes seiner Stieftochter Anna Sophie Zaufke geb. Koglin! 1848 erscheint ein Johann Koglin aus Porst in Althütten Busch als Pate einer Tochter der Albertine Friederike Beetke geb. Krause, einer Halbschwester des Christian Friedrich Wilhelm Krause. Der Pate ist der spätere Bauer und Nachfolger des Christian Friedrich Wilhelm Krause!

Fünf der sieben Kinder aus erster Ehe waren schon vor dem Tode der Mutter fortgezogen; nur die beiden jüngsten waren noch zuhause geblieben, als einziger Sohn Johann Friedrich. Der heiratet, wie schon erwähnt, zwei Monate nach dem Tode seiner Mutter und ist der neue

„Königliche Amtsbauer Johann Friedrich Koglin in Porst“,

wie es wörtlich im Kirchenbuch von Sparsee heißt! In Porst wird er als „Bauer“ zum ersten Mal im Juli 1850 als Pate beim Tischler Brinkmann bezeichnet. Mit seiner Frau Emilie Justine Schacht hat er zwischen 1852 und 1870 neun Kinder, von denen aber fünf früh sterben. Schon 1852 ist er auch Gerichtsmann und von 1864 bis zu seinem Tode am 7. Juli 1872 Schulze in Porst. Beim Geistlichen Rezeß 1877 ist sein Bauernhof der einzige im Ort, der noch die volle alte Größe besitzt!

Aber was ist aus dem jungen Witwer und seinem sechsjährigen Sohn geworden? Den Hof hatte er abgeben müssen, sein Rufname war „Friedrich“ – und davon gab es viele. Im Kirchenbuch von Wurchow erscheint ein Friedrich Krause, Krüger in Kasimirshof, als Pate

  • 1853 beim Ehepaar Friedrich Ernst Leopold Beetke/ Albertine Friederike Krause in Althütten,
  • 1853 beim Ehepaar Carl Krause/Nimz in Wurchow Busch,
  • 1854 beim Ehepaar Friedrich Wilhelm Steuk/Quandt in Bernsdorf,
  • 1861 beim Ehepaar Gottlieb Tesch/Caroline Krause in Bernsdorf Busch,

die uns alle schon bekannt sind. Im letzten Fall wird er als Bauer bezeichnet, doch dürfte es der frühere Krüger sein, nämlich der ehemalige Bauer in Porst und Ehemann der Caroline Wenzel, der wohl doch etwas geerbt hatte.

Friederike Schultz
Spury & deflor
Als 1829 die unverehelichte Friederike Wilhelmine Henriette Schultz zum vierten Mal Mutter wird, notiert der Pastor empört

Spury bei der Tochter und 4. Mal (deflor) bei der Mutter.

"Spury" ist ein sehr alter Begriff für ein uneheliches Kind; es verwundert, daß er noch im KB Bublitz benutzt wurde. Offenbar war dem Pastor aber gar nicht klar, was "deflor" bedeutet, nämlich wörtlich "Entblütung" im Sinne von "Entjungferung" - und die kann man nicht wiederholen.

Friederike Schultz war aber auch eine besondere Persönlichkeit. Schon vor 1820, dem Beginn des Kirchenbuches, muß sie ein Kind zur Welt gebracht haben. Am 04.02.1821 gebiert sie die Tochter Wilhelmine Maria Adelheide. Die nächste Augustine Charlotte Wilhelmine kommt am 24.12.1823 zur Welt. Am 19.01.1838 heiratet sie im Alter von 40 Jahren den 23 jährigen, gewesenen Scharfrichterknecht Johann Carl Gottfried Andrig oder Andrey. Am 13.03.1838 kommt ihr letztes Kind Hermann Ferdinand Carl zur Welt.
Die Familie will von ihr nichts wissen; kein Schultz kommt zur Taufe ihrer Kinder. Am 07.12.1870 stirbt sie im Alter von 81 Jahren und hinterläßt 5 majorenne Kinder.
[1] Inzwischen hat Wikipedia meine Ergänzungen zum kleinen Teil übernommen.
[2] Demnach müßte sie zwischen Januar 1799 und Januar 1800 geboren worden sein, nach den Angaben bei ihrem Tode aber schon 1798.
[3] Später als "August I" Halbbauer und Gemeindevorsteher in Porst.

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