Inhaltsverzeichnis Das Unheil naht Kämpfe um Hölkewiese Bis zur Vertreibung Gefallene Zurück nach Berlin

Flucht und Rückkehr
Die Flucht zur Ostsee

Nachdem am Vormittag des 26. Februar 1945 russische Panzer Hölkewiese kurzzeitig besetzt hatten, flüchteten unmittelbar nach deren Abzug die meisten Dorfbewohner zu Fuß oder mit leichten Wagen nach Norden und sammelten sich auf den entferntesten Hölkewieser Höfen, nämlich auf Lehmberg und Mielkenkamp. Nur eine Familie aus dem Dorf wandte sich nach Süden und verbarg sich zusammen mit anderen vom südlichen Abbau auf versteckten Gehöften am Waldesrand nahe dem Burgwallberg auf Klein Volzer Gebiet. Wenige ältere Einwohner wagten es, im Dorf zu bleiben.

Der größte Teil der zum Lehmberg und nach Mielkenkamp geflüchteten Dorfbewohner wartete dort zwei Tage. Nur drei junge Frauen hatten sich noch am Montagabend einem Trupp deutscher Sodaten angeschlossen, erreichten irgendwo einen Zug nach Stolp und von dort den letzten Richtung Westen, so daß sie schon eine Woche später in Berlin waren. Bis die anderen endlich in der beginnenden Dämmerung des Mittwochabends zu Fuß mit kleinem Gepäck Richtung Nordosten aufbrachen, war der Landweg nach Westen schon versperrt. Es waren etwa 12 Familien, zusammen vielleicht 50 Personen, die am nächsten Morgen über Kamnitz und Gadgen Wocknin erreichten. Von dort ging es in kleinen Gruppen mit unterschiedlichem Tempo weiter.

Als sich abzeichnete, daß Kämpfe in der Umgebung des Dorfes entbrennen würden, wurden die noch verbliebenen Bewohner von beiden Kriegsparteien aus dem Gebiet entfernt. Manchen erlaubten die Russen sogar, mit Pferd und Wagen nach Norden zu fahren. Den Familien vom südlichen Abbau hatte man dagegen die Pferde weggenommen; sie mußten bei Schnee und Kälte über Schönberg bis nach Briesnitz laufen. Die Bewohner des dorfnahen nördlichen Abbaus wurde von den deutschen Truppen weggebracht.

Jedenfalls waren die meisten Dorfbewohner und auch ein nicht geringer Teil des Abbaus schließlich zur Ostsee unterwegs. Nur den Wenigsten gelang es, ein Schiff nach Westen zu erreichen. Dazu gehörten Franz Koglin und seine Familie, Liesbeth Talkowski und ihre Kinder sowie Lydia Lawrenz. Alle anderen wurden zwischen Stolp und Lauenburg von den Russen eingeholt und zur Rückkehr aufgefordert; sie kamen nach dem 10. März ins Dorf zurück.

Morde, Vergewaltigungen, Verschleppungen

Während der nördliche Abbau während der tagelangen Kämpfe auf der deutschen Seite der Kampflinie lag, die Bewohner vom deutschen Militär in Sicherheit gebracht worden waren oder sich gut versteckt hielten, hatten der südliche und östliche Abbau zur selben Zeit unter den großen russischen Truppenansammlungen zu leiden. Dort gab es die meisten Vergewaltigungen und Morde.

Gleich die ersten russischen Panzertruppen, die ins Dorf kamen, erschossen den Besitzer des Restgutes Gustav Bethge. Das war wohl ein angeordneter, politischer Mord: Feudalherren waren auszumerzen. Weitere Opfer waren in den nächsten Tagen Reinhold Bahr, Therese Mielke und ihr Sohn Valentin sowie Friedrich Schulz. Letzterer war Invalide und kannte die Russen aus dem 1. Weltkrieg. Er ging mit ihnen von Hof zu Hof und wunderte sich, daß sie diesmal anders waren. Seine Enkelin fand ihn Wochen später erschossen hinter einem Busch. Sie hatten ihm die Stiefel ausgezogen.

In der Nacht zum Sonntag, den 4. März 1945, nachdem die Kämpfe schon vorüber waren, steckten die Russen - vielleicht waren es auch ehemalige Zwangsarbeiter - die Scheune von August Schulz in Brand, in der dieser sich mit seiner Frau, seinen vier Kindern und seiner Schwester versteckt hatte. Alle kamen ums Leben. Am 9. März kamen zwei Russen in einer Kutsche zum Gehöft von Robert Beß, schickten nacheinander ihn und seine Tochter Elisabeth Keil aus dem Kreise ihrer Familie vors Haus und erschossen beide.

Zur gleichen Zeit begannen die Verschleppungen. Schon am 10. März wurden etwa 10 Männer und Frauen zum - wie es hieß - Schneeschippen zusammengetrieben. Eine Woche später ging es weiter. Manche erreichten nicht einmal das erste Ziel des Fußmarsches: Graudenz. Einige wurden dort aussortiert und kamen dann Wochen später völlig ausgemergelt zurück. Wer es bis zum Ural schaffte, hatte vier Jahre Schwerstarbeit vor sich und konnte vielleicht mit Glück zurückkehren. Mindestens 26 Einwohner wurden verschleppt, von denen 12 nicht mehr zurückkamen. Franziska Bülow geborene Kakeldey schaffte noch den Heimweg, starb aber schon im Mai 1945 an den erlittenen Entbehrungen.

Auch nach dem Ende des Krieges am 9. Mai 1945 ging das Elend weiter. Jede geregelte medizinische Versorgung fehlte, was insbesondere die Kinder traf. Auch Heilpraktiker Johannes Rojahn vom Gramhaus konnte nicht immer helfen, auch weil er zeitweise selbst verschleppt worden war. So starb in dieser Zeit der zweijährige Sohn Rainer von Friedchen Beß. Ganz schlimm wurde es dann beim plötzlichen Transport im eisigen Januar 1947, der allein 9 Tote aus Hölkewiese forderte.

Insgesamt sind 71 Dorfbewohner dem unseligen Kriege zum Opfer gefallen.