Inhaltsverzeichnis Quellen Kirchen-, StA-Bücher Hufenklassifikation Schwedische Matrikel Schreibweise der Namen
Über Schreibweise, Anzahl und Verbreitung der Namen in den Steuerregistern um 1700
Zur Schreibweise der Namen

Martin Luther hatte mit seiner Bibelübersetzung die Voraussetzungen für eine deutsche Hochsprache geschaffen, aber allgemein gültige Schreibregeln gab es noch lange nicht. Erst 1788 veröffentlichte Johann Christoph Adelung Orthographievorschläge, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Grundlage für den Rechtschreibunterricht in deutschen Schulen bildeten. In der Neuzeit war es die Arbeit Konrad Dudens, der 1880 mit seinem orthographischen Wörterbuch allgemein akzeptierte Regeln schuf. Um 1900 bemühte man sich von Staats wegen um eine Vereinheitlichung der Familiennamen. Man findet manchmal entsprechende Einträge in den Standesamtsregistern: „Die Schreibweise des Familiennamens ist ‚NN’. Eingetragen auf Anordnung des Königlichen Amtsgerichts zu …“.

Bei allen Steuerregistern wurden die Namen nach dem Gehör aufgeschrieben, denn die Befragten selbst konnten in der Regel nicht schreiben und damit auch nicht angeben, wie ihr Name zu schreiben sei. Während bei den geläufigen Vornamen die Schreibweise wenig schwankt, gibt es bei den Familiennamen viele Varianten, oft schon bei der gleichen Person, wenn ein anderer den gleichen Namen schrieb, etwa der Pastor. Es kam auch vor, daß selbst der Kommissionsschreiber auf der zweiten Seite den Namen anders schrieb als auf der ersten. In den Steuerregistern finden wir zum Beispiel den geläufigen Namen Radtke in acht verschiedenen Formen:

Radcke 3 (62), Raddcke 1 (0), Radke 20 (2424), Radtke 6 (5446), Rahtke 2 (1), Rathcke 3 (36), Rathke 6 (867), Ratke 8 (277).

Hierzu gehören noch folgende Namen, bei denen der für das niederdeutsche Sprachgebiet typische Schwund der unbetonten Mittelsilbe noch nicht stattgefnden hat:

Radecke 12 (266), Radeke 2 (248), Radicke 3 (277), Radicke 3 (227) und Ratecke 2 (0).

Die Zahlen in Klammern geben an, wie viele Namensträger im deutschen Telefonbuch[1] von 2002 zu finden sind. Die kritischen Buchstaben sind in diesem Fall:

t und d in den Formen d, dd, dt, t und th
k und g in den Formen c, k, ck oder g

Weitere Varianten ermöglichen ähnlich klingende Laute, Buchstabenkombinationen und Doppelungen bzw. Dehnungen zum Beispiel:

b und p  -   g, c und k  -  f, ff, pf und ph  -  s, ss, ß und z  -  a, aa, ah

  • Grambcke/Krampcke
  • Baarts, Bahrts, Bahrtz, Bars, Bartz, Barts (die moderne Form Barz fehlt)
  • Capiske, Kapischke
  • Lütcke, Lütke, Lüttke, Lüdeke, Lutcke, Leütcke, Lüdke, Lüdcke, Lüdecke, Lütken, Lutke, Lütike, Lütge, Lütticke, Lüttike, Ludtke, Luttke, Ludecke, Lietcke, Lüdtke.
  • Mielke, Miehlcke, Mielcke, Milcke, Mieltke
  • Stecklinck, Steckling
  • Haaffman, Haffman, Hafemann, Hafbeman, Haffmann, Hoffmann, Bischoff, Dickhoff, Kirchhoff usw.
  • Backhauß, Felß, Wachß usw.
Auch die Endsilbe -ow, -o bzw. -au erlaubt diverse Varianten, wobei auffällig ist, daß die Pastoren -o bevorzugten:
  • Cummerow, Cumerow, Kumro, Kumroch, Kummero
  • Lignow, Lindo, Linde
  • Zastrow, Zastro, Zastrau
Die Bauern sprachen natürlich Platt; manche Schreiber bemühten sich, den Namen zu „verhochdeutschen“, andere wieder nicht. Der Name Berg kommt 9mal vor, aber auch fünfmal die Variante Barg, Barck, Barch, z.B. Joachim Barg (Bargck, Borg), Bauer in Wartekow Kreis Kolberg-Körlin. Selten gibt es größere, manchmal hier nicht zu klärende Abweichungen. Wenn der eine Schreiber Baumann schreibt, der andere aber Landmann, kann man das noch nachvollziehen, sofern man weiß, daß beides soviel wie Bauer bedeutet. Was aber soll man halten von Betonke/Matiecke, Gietz/Jüdes, Resech/Zeche, Wieck/Rädicke oder Wudal/Bugedahn? Da muß sich jemand geirrt haben.

Die größten derartigen Probleme gibt es verständlicherweise bei der Schwedischen Matrikel, da die Schreiber die deutsche Sprache nur unvollkommen beherrschten. Wie hätte wohl ein Deutscher den Namen des Leinewebers "Astbrect" in Kagendorf, Kreis Anklam, geschrieben?

Anzahl der Familiennamen

Name Schmidt

Insgesamt wurden 31.515 nichtadlige Personen - davon 12.160 aus der Schwedischen Matrikel - mit 12.715 unterschiedlichen Nachnamen erfaßt. 8311 Namen tauchten nur einmal auf, davon allein 4.944 in der Schwedischen Matrikel!

Zur besseren Übersichtlichkeit wurde ein Standardname eingeführt, um unterschiedliche Schreibweisen soweit wie möglich zusammenzufassen; die Vorkommen des Standardnamens Schmidt zeigt nebenstehende Tabelle. Damit reduziert sich die Zahl der Namensvarianten auf 8.888. Für 5.400 Namen konnte bisher kein Äquivalent im Deutschen Telefonbuch von 2002 gefunden werden; allerdings ist die Suche auch sehr aufwendig. Fast 5.000 Standardnamen kommen zwar im Telefonbuch vor, aber nur einmal in den Steuerregistern. Dies ist wohl so zu erklären, daß die Schreiber beim Hören eines neuen Namens in ihrem Gedächtnis nach einem ähnlichen suchten; da sie aber meist nicht aus Pommern stammten, verwendeten sie für Pommern fremde Namen. Häufigster Standardname ist Schulz (Schultz, Schultze, Schult, Schulze), der 474mal erscheint, gefolgt von 334mal Schmidt und 325mal Müller.

Geographische Verteilung der Familiennamen

Pittelkow

Es liegt auf der Hand, daß besonders häufige Namen keine lokalen Schwerpunkte aufweisen. Schulz etwa, in seinen verschiedenen Schreibweisen, ist über das ganze Land ziemlich gleichmäßig verteilt. Mit sehr seltenen Namen, die vielleicht nur ein- oder zweimal in den Steuerregistern vorkommen, kann man ebenfalls nicht viel anfangen. Wenn aber der Standardname zwischen 5 und 25mal erscheint, wird es interessant.

Der Name Pittelkow, in anderer Schreibweise Püttelckow und Pyddelkow, zum Beispiel erscheint insgesamt 17mal in 7 verschiedenen Dörfern im Norden des Kreises Köslin, Bild rechts. Da im ländlichen Osten Deutschlands Familiennamen erst relativ spät gebräuchlich wurden, muß man vermuten, daß sie in dieser Gegend entstanden sind.

Pittelkow bei Geogen

Daß Pittelkow ein pommerscher Name ist, läßt sich auch aus dem Vergleich mit seinen heutigen 265 Vorkommen schließen, Bild links. Diese relativ gleichmäßige Verteilung mit einer Abnahme von Nordosten nach Süden ist typisch für ehemalige Pommern. Dafür spricht auch das Verhältnis von 17 zu 265, die Zahl der klassifizierten Namensträger zur Anzahl der Telefonanschlüsse in 2002, wenn man die Änderung der Lebensbedingungen und die Bevölkerungszunahme der letzten 300 Jahren berücksichtigt.